Kooperation – wirklich der Weg?

Wir arbeiten mit der „Scale of Cooperation“, die verschiedene Welten der Zusammenarbeit beschreibt („Kämpfen“, „Vermeiden“ und „Kooperieren“). Oft sind Teams nicht in der Welt des „Kooperierens“: Manchmal fehlen Fähigkeiten, manchmal der Raum zur Aussprache oder die Möglichkeit, ehrliches und konstruktives Feedback zu geben. Manchmal sind die Gräben tief und Verletzungen oder Misstrauen liegen im Raum. Was wir jedoch oft beobachten, ist der Wille, es besser zu machen und sich als Team gemeinsam auf die Welt des Kooperierens zuzubewegen. Selbst wenn dieser Wille (noch) nicht da ist, spürt man oft eine Unzufriedenheit mit der aktuellen Lage und den Wunsch nach Verbesserung. Ein Wunsch nach einem gemeinsamen Ziel und einer kollektiven Ausrichtung darauf – das Fundament der Kooperation.

Die Menschen wissen also, dass Kooperation ein erstrebenswerter Zustand sein kann.

Ganz im Gegensatz dazu beobachten wir auf globaler Ebene derzeit eine Distanzierung von Kooperation. Seit wenigen Tagen steht fest, dass Trump die nächsten vier Jahre die Zügel in den USA in der Hand halten wird. Sein Wahlkampf hat uns deutlich gemacht, dass protektionistische Zeiten unter dem Motto „America first“ bevorstehen. Deutsche Ökonom*innen reagieren und betonen nun die Wichtigkeit, den Fokus auf Europa zu legen. Eine „globale Fragmentierung“ steht uns bevor, schreibt das World Economic Forum. Die internationale Kooperation sinkt seit vier Jahren von ihrem Höchststand 2020. Ein 

Beispiel verdeutlicht dies besonders: Nach dem Ende des Kalten Krieges gab es eine einzigartige Hochphase von Frieden und Diplomatie als Ergebnis guter Kooperation. Doch diese Zeiten sind längst vergangen – 2023 verzeichnete das Jahr die meisten Gewaltkonflikte seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Menschen denken wieder vermehrt in Lagern und Zugehörigkeiten und greifen zu simplen Schwarz-Weiß-Lösungen – par excellence sichtbar in der tief gespaltenen Wählerschaft der USA.

Ja, was denn nun? Kooperation oder nicht? Gemeinsame Ziele oder jede*r für sich?

Ganz offensichtlich sind unsere Bestrebungen, Teams und Gruppen in ihrer Kooperation zu unterstützen, angesichts der globalen Entwicklungen zumindest zu hinterfragen. Sollten wir nicht der internationalen Entwicklung folgen und unsere Teams darauf trainieren, ausschließlich die eigenen Ziele zu verfolgen? Mitarbeiter*innen auf individueller Ebene unterstützen, die anderen auszuspielen, rücksichtslos eigene Vorteile durchzusetzen? Auf Teamebene andere Arbeitsbereiche in der Firma nicht mit Informationen zu versorgen, Innovation lieber zu verschweigen, Ressourcen zurückzuhalten oder gar aktiv zu schädigen?

Vermutlich regt sich bei diesen Fragen innerlicher Widerstand. Es fühlt sich nicht richtig an, so aktiv gegen Kooperation „anzuarbeiten“. McKinsey und das WEF beschreiben im Global Cooperation Barometer 2024 ähnliche Befürchtungen, die sich durch die zunehmende Fragmentierung ergeben könnten. Künstliche Intelligenz bietet etwa enormes Potenzial und Wertschöpfung für die globale Entwicklung. Die Risiken, wie Fehlinformationen und andere unerwünschte Nebeneffekte, lassen sich jedoch nur durch internationale Koordination eindämmen. Im Kampf gegen den Klimawandel müssen die bisherigen, zu begrüßenden Entwicklungen in der länderübergreifenden Kooperation verstärkt werden – ein Rückbau wäre fatal, sonst sind die ohnehin fragilen gemeinsamen Ziele nicht zu erreichen.

Hier wird deutlich, dass Kooperation angesichts der vielen Herausforderungen auch in Zukunft der zielführende Weg sein muss. Heruntergebrochen auf die Arbeit mit unseren Teams können wir auch in Zukunft die These vertreten, dass Kooperation langfristig die gewinnende Strategie ist.

Übrigens: Das bedeutet nicht, dass eine gewisse Form des Wettbewerbs und des gegenseitigen Messens nicht zielführend sein kann. Vielmehr könnte das Modell der „Coopetition“ in Zukunft hilfreich sein.

Hierbei wird aus zwei Welten das Beste vereint: Der Wettbewerb und die Konkurrenz treiben Innovationen an und halten die Preise niedrig, während Kooperation besonders für die Zielfindung wichtig ist. Besonders im Hinblick auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel muss das gemeinsame Ziel lauten: „Unsere Arbeit trägt dazu bei, dass wir den Klimawandel aufhalten können.“ Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit von Pepsi und Coca-Cola, die bereits 2016 eine gemeinsame Strategie zur Steigerung des recycelten Plastiks entwickelt haben und gegenseitig von Innovationen profitieren konnten. Für den privaten Sektor gilt, dass dieser Mittelweg sogar gewinnsteigernd ist.

„Coopetition“ kann also auch im Team als wertvolles Tool zur Differenzierung bestimmter Verhaltensweisen dienen. Welches Verhalten zahlt auf unsere gemeinsamen Ziele ein, und welches Verhalten ist dem Wettbewerb zuzuordnen – und warum?

Abschließend bleibt zu sagen: Wettbewerb und Konkurrenz kennen und können wir. Sie haben uns weit gebracht, hinterließen jedoch oftmals tiefe Spuren des Schadens an Mensch und Umwelt. 

Kooperation ist das, was wir lernen können und müssen.